Rassegeflügelzüchterverein Doberlug-Kirchhain
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Wieviele Greifvögel braucht die Natur? Ob man sich als Spaziergänger oder Autofahrer durch die Landschaft
bewegt, überall sieht man immer mehr Greifvögel. Die Geflügelhalter oder
Züchter spüren diese Tatsache immer deutlicher durch kontinuierlich
größer werdende Verluste in ihren Tierbeständen. Da alle heimischen
Greife unter Naturschutz stehen, hat sich die Populationsdichte doch wesentlich
erhöht und so wird der Druck auf freilaufendes oder freifliegendes Hausgeflügel
immer stärker.
Durch das Bundesnaturschutzgesetz § 20 f ist es strikt verboten,
Greifvögel zu fangen, zu verletzen, zu töten oder ihre Entwicklungsform zu
beschädigen bzw. zu zerstören. In der nachgeordneten Verordnung zum Schutz
wildlebender Tier- und Pflanzenarten, also in der für den Bürger gültigen
Gesetzesausführung, wird unter § 13 geregelt, daß Greifvögel weder
nachgestellt, angelockt, geschweige denn gefangen oder getötet werden dürfen.
In dieser Hilflosigkeit ist auch der letzte Taubenzüchter mit Freiflugambitionen
gezwungen, seinen gefiederten Lieblingen die Freiheit zu nehmen und sie einzusperren.
Dies ist zur Zeit die einzigste Möglichkeit, eine Taubenzucht zu betreiben. Aber was
wird dann, wenn alle Geflügelhalter ihre Tiere nicht mehr als Greifvogelfutter zur
Verfügung stellen? Wovon leben dann diese Greife? Literatur über
Greifvogelnahrung, vor allem wie, was und wie oft diese jagen, gibt es sehr wenig.
Deshalb ist es notwendig, die Öffentlichkeit darüber zu unterrichten.
Außerdem sollte die Frage nach den Folgen eines uneingeschränkten
Schutzgesetzes gestellt werden.
Anhand der Lebensweise des Habichtes soll dieses Problem einmal
verständlich dargestellt werden. Der Habicht ist einer der größten
europäischen Greifvögel, ausgenommen natürlich der Adler und die
südeuropäischen Geier. Wer nicht ganz so versiert ist oder oberflächlich
hinsieht, könnte ihn von der Größe her mit dem Bussard verwechseln, nur
wirkt der Habicht insgesamt schlanker. Dagegen unterscheidet er sich im Flugbild vom
Bussard durch den viel längeren Schwanz und die kürzeren, abgerundeten
Flügel. Der Habicht gleicht mit seinen bräunlichen Längsstreifen einem
übergroßen Sperber, welcher Querstreifen auf der fast weißen Brust
trägt. Auf seiner Jagd kann der Habicht zwar ein hohes Tempo entwickeln, aber dies
nicht allzulang durchhalten. Deshalb umfliegt er gewandt enge Hindernisse und nutzt dabei
jede Deckung, wenn er über den Boden mit hoher Geschwindigkeit seine Beute anfliegt.
Als Überraschungsjäger werden auch für ihn Wohngebiete mit Gärten zum
idealen Jagdrevier und selbst gesunde und leistungsstarke Brieftauben werden das Opfer
bei einem aus der Deckung auftauchenden Greifes. Es ist für ein Habichtspaar in der
heutigen Zeit nicht immer einfach, sich das ganze Jahr die nötige Nahrung zu
sichern. Die Zusammensetzung der Beute richtet sich nach dem örtlichen Angebot
entsprechend auch der Jahreszeit. Das kleinere Männchen, ca. 700 g, jagt vorrangig
kleinere Vögel bis zur Haustaube. Das Weibchen ist aufgrund ihres
größeren Körpers, ca 1100 g, auch in der Lage, Kaninchen und Hühner
zu schlagen ( deshalb im Volksmund auch Hühnerhabicht genannt ).
In der Literatur wird wohl darauf hingewiesen, daß Habichte die
Populationsdichte von Elstern und Rabenvögeln begrenzen könnten, Beobachtungen
haben aber ergeben, daß z.B. Krähen den Habicht angreifen und ihm das
Beutetier sogar abjagen. Habichte jagen fast ausschließlich Vögel. Der
Beutebedarf einer mittelgroßen Habichtfamilie während der Nestlingszeit liegt
etwa bei 60 - 70 Kilogramm ( ca. 35 Tage Brut und 70 Tage bis zur Selbstständigkeit
der Jungtiere ). Für den Rest des Jahres werden nochmals ca 40 - 50 kg erjagt. Man
muß sich diesen Beutebedarf einmal bildlich vorstellen. Wieviel Beutetiere sind das
jährlich? Wieviel Meisen, Amseln, Finken u.s.w. sind das? Rebhuhn und Fasan sind in
der freien Natur schon ausgestorben, wobei der Habicht einen nicht zu
unterschätzenden Anteil daran hat. Am derzeitigen geringen Amselbestand ist schon zu
erkennen, welche Vogelart die nächste sein wird, die durch Greifvogeleinwirkung
bedroht ist. Die Haustaube ist zur Zeit, vor allem im Winter, eine wesentliche
Nahrungsquelle des Habichts.
Durch Befragung der Taubenzüchter in der Umgebung kam ich auf
jährlich über 250 Tauben, wobei 46 Tiere aus eigenem Bestand durch
Greifvogeleinwirkung verloren gingen. Dieses ist ungefähr der jährliche
Nahrungsbedarf eines Habichtpaares. Diese 250 Tauben könnten auch 250 Rebhühner
oder Fasane sein, 1000 Amseln oder 2000 Meisen. Wieviel Insekten-, Larven- und
Käferschädlinge würde es dann mehr geben? Wieviel Gift würde wiederum
eingesetzt, um das Gleichgewicht der Natur wiederherzustellen? In dieser Nahrungskette
steht der Greifvogel ganz oben. Der einzigste Feind ist der Mensch und von dem wird er
laut Gesetz uneingeschränkt geschützt. Die Vermehrung der Greifvögel liegt
deshalb allein im Futterangebot und deren erfolgreicher Jagd. Der Gesetzgeber kann doch
eine Tierart nicht nur unter Schutz stellen und dabei andere Tierarten stark
gefährden. Forderungen an Lebensraum und an die Nahrungskette sind doch dazu die
erforderlichen Voraussetzungen. Die Vernunft der Menschen und das reale Denken zur Natur
müßte doch heute soweit entwickelt sein, daß man die Natur nur als
Ganzes betrachten kann und nur gemeinsam die Probleme im Interesse der Allgemeinheit
lösen muß. Hierbei sind die Behörden des Naturschutzes, der
Landschaftsgestalter sowie der Jagdvereine besonders gefragt und eine Zusammenarbeit
dieser unbedingt notwendig. Brachflächen sind z.B. nicht immer geeignete
Lebensräume. Die bereitgestellten Mittel dafür könnten zur Schaffung von
anderen Lebensräumen, wie Buschwerk und Hecken, genutzt werden. Selbst ein
Stück nicht aufgeräumter Wald kann schon idealer Lebensraum für bestimmte
Tiere in dieser Nahrungskette sein. Wenn man in die Nahrungskette auch noch die anderen
Greifvogelarten, wie Sperber und die verschiedenen Falkenarten einbezieht, dazu die
Bestandsverhältnisse berücksichtigt, so ist unschwer zu erkennen, daß
eine Gesetzesänderung herbeigeführt werden muß. Dort müßten
Vermehrungsgrenzen sowie Schutz- und Lebensräume festgelegt werden. Es müssen
Fangerlaubnisse ermöglicht werden, wenn sich Greifvögel auf Hausgeflügel
spezialisiert haben. Das Aussetzen von Greifvögeln aus privater Aufzucht oder aus
Tiergärten muß nachweis- und genehmigungspflichtig sein. Für einen
Falkner sollten analoge Bedingungen gelten.
Um eine Gesetzesänderung zu erreichen ist es aber auch notwendig,
daß alle Geschädigten von Greifvögeln bei den Behörden, wie
kreisliche Umweltämter, Forderungen stellen. Auch alle Bürger sollten über
die aufgeführte Problematik nachdenken und aktive Unterstützung leisten. Den
Taubenzüchtern wird empfohlen, ihren Tauben von Mitte Oktober bis Mitte April keinen
Freiflug zu gewähren ( möglichst Volierenhaltung ), um die Taube als
Hauptnahrung der Greife konsequent für diese Zeit zu entziehen. Damit ensteht wohl
ein starker Druck auf den verbleibenden Vogelbestand, aber auch auf die Verehrer der
Greifvögel und deren unrealistischem Greifvogelschutzgesetz.
gez. Lothar Neubert
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